Liebe Taucherwelt, ich gebe zu, ich habe keinen Vergleich, aber das Great Barrier Reef ist der Hammer! Vor ein paar Tagen aus den Fluten des Outer Reefs (etwas ab vom eigentlichen Schuss – bei Cairns) gestiegen. Mit einem fetten Grinsen im Gesicht. Eigentlich wollte ich schon früher aus dem Wasser: an der gelben Boje die Hand zur Faust ballen, den Arm heben und mich von einem der beiden motorisierten Gummiboote zurück zum Schiff bringen lassen. Denn trotz „Stinger Suite“, der schicken Anti-Quallen-Haut, die sich auch als Tauchanzug eignet, wurde es ganz schön kalt beim Schnorcheln. Aber jedes Mal als ich dachte, „Jetzt habe ich alles gesehen“, gab es noch irgendetwas Neues zu entdecken.
Schon von Weitem ist das Korallen-Universum sichtbar – große türkise Flecken unterbrechen das tiefe Ozeanblau. Nur ein paar Meter ist das Wasser an diesen Stellen tief, sodass der gemeine Hobby-Schnorchler mit seinen Flossen gelegentlich an irgendetwas entlang schabt. Unter einem, über einem, neben einem – überall schwimmen Fische, sobald man die Nase ins Nass steckt. Groß und klein, bunt oder einfarbig, blau, rosa, gelb, schwarz, gepunktet oder gestreift. Mein Lieblingsexemplar ist ein halb aufgeblasener Kugelfisch, der mich neugierig anguckt. Er ist viel kleiner als man sich ihn vorstellt, honiggelb mit schwarzen Tupfern. Erstaunlich, wie er mit seinen winzigen Flossen an den Seiten vorankommt. Weiter unten sehe ich ein paar Fische, die bestimmt einen Meter lang sind. Gerne lasse ich mich auch von diesen Genossen begleiten, die nur hinten Gelb tragen:
Plötzlich fühle ich etwas Glibberiges an den Händen – bei jeder einzelnen Schwimmbewegung und dann sogar im Gesicht. Mein Körper verkrampft sich etwas. Fängt meine Wange gerade an zu brennen oder bilde ich mir das alles nur ein? Ich gleite förmlich durch einen Vorhang voller kleiner Quallen – jede hat einen lila Punkt in der Körpermitte. Die Tierchen schweben knapp unterhalb der Wasseroberfläche, sind aber nicht gefährlich, wie sich später herausstellt. Ein weitaus schöneres Gefühl als das Schwimmen mit Quallen ist es Zweifels ohne, durch einen Schwarm Silberfische hindurch zu Schnorcheln – als habe jemand funkelndes Lametta ins Meer geworfen.
Bemerkenswert ist außerdem die Pflanzenvielfalt über dem Meeresgrund, die man selbst hier am Outer Reef, also am äußeren Riff, erlebt. Wobei die Korallen auf den ersten Blick eher aussehen wie steinerne Amphibien, die vor allem in Grau- und Beige- und Senftönen daherkommen. Wer aber genau hinschaut, kann auch hier Farben und vor allem verschiedene Formen erkennen. Manche Korallen sind flach wie Teller, andere kugelrund mit klitzekleinen Poren. Und wieder andere sehen aus wie ein Gehirn, aus dem rote Adern hervortreten.
Ob es sich also lohnt hierher zu fahren? Auf jeden Fall! Für meinen Geschmack noch mal eine ganz andere Liga als die Insel-Korallen, die wir vor den Küsten der Whitsunday Islands erschnorchelt haben. Das allerdings war ganz gut für Einsteiger – als erste Übung im flachen Wasser direkt am Strand. Genau genommen wollte ich die Meeresschätze, die man dort sichten kann, ertauchen, mich der Gruppe der mutigen „Diver“ anschließen. Den Versuch musste ich allerdings leider abbrechen – Mein Körper schien plötzlich auf Panik programmiert zu sein.
Menschen wie ich brauchen vermutlich eine längere Einführung als die 8-Minuten-Basics, vielleicht sogar ein Warm-up in einem einfachen Pool. Ich will schließlich genau wissen, was passiert, wenn ich welchen Knopf drücke, wie ich atmen soll und was die richtige Körperhaltung beim Tauchen ist. Vor allem aber muss ich selbstständig wieder hochkommen, wenn ich nicht mehr unter Wasser sein will. Die aufpumpbare Weste, die viele, viele Kilo schwere silberne Sauerstoffflasche und die ersten Atemzüge durch den aus ihr kommenden Schlauch fühlten sich ja eigentlich ganz gut an. Aber dann kam das Gefühl, mit der Luft aus dem Schlauch immer auch ein bisschen Wasser einzuatmen. Außerdem kam es mir vor als würde ich durch den sechs Steine schweren Gürtel immer schon per se einen halben Meter tiefer als alle anderen sinken und nicht wirklich dagegen anschwimmen können.
However, Schnorcheln ist auch toll! Man hat alles von oben im Blick und durch die Angst, die ganz oder zumindest teilweise ausbleibt, hat man – wenn man so ist wie ich – vielleicht sogar mehr von dem Erlebnis. Man kann sich auf das konzentrieren, was es zu sehen gibt. Ein Highlight war für mich die Fischfütterung durch unsere Crew, bei der die Fische zum Anfassen nah kamen. Was ich außerdem empfehlen kann: einfach neben den Tauchern herschwimmen und sie beobachten, bis die Tiefe sie verschlingt. Dann fühlt man sich fast, als wäre man einer von ihnen. Am Outer Reef KÖNNEN Schnorchler jedenfalls genau wie Taucher neben Fischen und Korallen auch Meeresschildkröten, Rochen und sogar zahme Riffhaie sehn. Nur Letztere fehlen bis heute noch auf meiner To-See-Liste.
Jetzt wo ich Nemos Heimat kenne, möchte ich übrigens unbedingt nochmal den Film über den süßen Clownfish sehen! Nur allzugut kann ich mir vorstellen, wie sich Nemo gefühlt haben muss, als er sich plötzlich ganz allein jenseits der äußeren Riffkante wiederfand. Denn auf den bunten Trubel folgt das große, blaue Nichts!