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Townsville: Nicht überragend, aber unterschätzt

„Hi I am Mat and this is Ted and we are gonna be your best friends for the next one and a half hours“, kündigt mein unbekannter Sitznachbar im Flugzeug an. Er kommt gerade von einer Exkursion mit seiner Kirchengruppe, deren Mitglieder vor hinter und neben uns sitzen. Jetzt geht das Abenteuer „Alleine reisen“ erst richtig los, denke ich während der junge Mann mit der Baseballcap in meine Richtung nuschelt.

Das mein eigentlicher „Reisepartner“ aus Kiel, den ich im Vorwege über das Internetportal „join my trip“ akquiriert hatte, es nicht zum verabredeten Zeitpunkt nach Townsville schaffen wird, ahne ich irgendwie schon. Ich selbst war trotz mehrtägigem Aufenthalt in Brisbane nicht mal in der Lage, mein erstes Hostel fest zu buchen – so viele neue Eindrücke prasselten anfangs auf mich ein. „Why Townsville?“, fragt der Kleinstädter, als er hört, dass ich die Ostküste bereisen will. „Why not?“, antworte ich.

Der Touristenort Cairns, wo viele Backpacker ihre Route wegen des Great Barrieer Reefs beginnen, ist mir für mein schmales Zeitbudget einfach zu weit oben. Und ich bin zuversichtlich, trotzdem eine Möglichkeit zu finden, das sogenannte „Outer Reef“, das äußere Riff, zu sehen. In Townsville angekommen lerne ich sogleich die Vorteile einer australischen Sim-Karte mit freien Inlandsanrufen kennen: Man kann die Unterkünfte einfach anrufen, bevor man umsonst hinfährt.

Das „Civic Guesthouse“ hat einen Platz für mich frei, liegt noch einigermaßen zentral und ein freundlicher Herr erwartet mich an der Rezeption. Townsville selbst ist übersichtlich und lebt hauptsächlich von der Promenade, die am Wasser entlang bis zum natürlichen Pool führt. Das scheint bei den Einheimischen sehr beliebt zu sein: ein paradiesisch angelegtes Schwimmbecken, direkt vis-à-vis des richtigen Ozeans – von dem es sich rein farblich kaum unterscheidet. Hier in Townsville ist das Wasser der künstlichen „Lagune“ angenehmerweise nicht gechlort, sondern wirklich natürlich. Gemeinsam mit einer netten Engländerin, die ihren Job geschmissen hat, um nach Neuseeland zu ziehen, nehme ich also endlich meine Badesachen das erste Mal in Gebrauch.

Townsville StrandDas ist schon komisch: Der Blick schweift über das karibisch aussehende Meer, der feine, helle Strandsand schmeichelt den Fußsohlen, die Sonne knallt vom Himmel und – keiner schwimmt. Warum? Schilder weisen Nichtwissende wie mich darauf hin, dass zu bestimmten Jahreszeiten gefährliche Quallen die Badestellen belagern können. Eine Berührung mit ihren Tentakeln kann tödlich enden. Deshalb solle man schnellstmöglich Essig auf die Wunde tun.

„Weil ja auch jeder Essig dabei hat“, witzele ich. Die Engländerin macht mich auf die kleinen weißen „Briefkästen“ aufmerksam, die überall am Strand verteilt stehen. Darin werden also für den Fall der Fälle Essigflaschen gelagert. Eigentlich sollten in meiner Reisezeit (Ende Oktober / Anfang November) aber im oberen Queensland keine der Glibberfeinde unterwegs sein. Das meint zumindest die Dame vom Reisebüro, bei der ich für die nächsten Tage eine Segeltour durch die Whitsunday Islands buche.

car rental TownsvilleNicht nur Chillen am Strand oder Gemeinschaftspool, sondern auch Ausgehen kann man in Townsville übrigens ganz gut. In der Flinders Street und der etwas schickeren Palmer Street reihen sich einige Restaurants, Pubs und Clubs aneinander. Ziemlich touristisch sieht das Ganze aus. Vor allem am Samstagabend trifft man hier aber auch angetrunkene Australier – und Australierinnen, die sich bis zum Anschlag aufbrezeln. Besonders angesagt: das kleine Schwarze mit ordentlichem Ausschnitt und High Heels. Oder auch ein Cut-Out-Kleidchen mit Auslassungen über der Hüfte – egal welche Figur die Trägerin hat.

Flinders Street Townsville

Graffitti TownsvilleEin ziemlich neuer und stylisher Treffpunkt ist die Ministraße „City Lane„. Burger- und Chicken-Fans können sich hier zum Beispiel über das Interieur der Restaurant-Bar Courtyard freuen. Deko-Gartenzwerge, Kunstrasentapete und Plastiksonnenschirme, dazu Graffiti und Industrielampen ergeben eine brisante Mischung aus Kleingartenambiente und urbanem Schick.

Einen tollen Sonnenuntergang soll man in Townsville vom Castle Hill aus beobachten können, der der Stadtsilhouette ein wenig mehr Charakter verleiht. Für Reisende, die die Weiterfahrt zum Great Barrier Reef nicht abwarten können oder nicht so die Wassermenschen sind, bietet sich das Aquarium von Townsville an, in dem man alle Riffbewohner kennenlernen kann, ohne nass zu werden. Das absolute Highlight aber ist die Insel „Magnetic Island„, die unweit vor der Küste der Stadt liegt. Was es hier zu sehen gibt, verrate ich euch im nächsten Artikel.

Courtyard: cooles Restaurant Townsville

Brisbane II: Park & Nacht

Eigentlich hatte ich geplant, von meiner ersten Australien-Station aus mit einem Inlandsflieger etwas weiter in den Norden nach Townsville zu düsen, um dann auf dem Rückweg noch einmal bei meinem Freund Tudor in Brisbane vorbeizuschauen. Jetzt aber würde ich dafür nicht mehr meine Hand ins Feuer legen. Oder vielleicht nur für eine Nacht vorbeischauen. Denn es gibt so viel zu sehen, zu entdecken und zu unternehmen an der australischen Ostküste, dass es fast falsch erscheint, wiederholt einen längeren City-Stopp in Queensland zu machen.

Trotzdem bin ich nach wie vor der Meinung, dass Brisbane eine angenehme Stadt ist, in der man ohne Probleme leben könnte, auch wenn sie nicht direkt am Meer liegt, man also bis zum echten Strand erst noch mit dem Auto oder Zug fahren muss. Bei Backpackern hat Brisbane offensichtlich nicht so einen guten Ruf, manche behaupten sogar, man könne einfach auf einen Halt dort verzichten – es sei denn, einem sei nach einem Einkaufstag zumute. Dem möchte ich widersprechen. Denn auch in Brisbane kann man etwas erleben!

Brisbane Fähre Soth Bank Brisbane River Brisbane Fluss So fahren die roten Fähren ganz umsonst von South Bank mit seiner künstlich angelegten Lagune (s.Titelbild) über den Fluss ans andere Ufer, an dem sich ebenfalls ein toller Park erstreckt. Zufällig kann einem hier zum Beispiel ein „Eastern Water Dragon“, australischer Wasseragame, über den Weg laufen. Ja, exotischen Tieren begegnet man in diesem wunderbaren Land nicht nur im Nationalpark oder im Outback, sondern oft einfach so, während man gar nicht damit rechnet. Das habe ich so noch nirgenendwo anders auf der Welt erlebt!

Eeastern Water Dragon Brisbane Vor einem kleinen Wasserfall mitten in der öffentlichen Grünanlage auf der City-Seite haben sich meine Freunde Tudor und Natalie übrigens sogar trauen lassen. Was man sonst noch dort machen kann? Warum nicht zum Beispiel eine Partie Schach spielen. Oder einfach die unterschiedlichen Palmen und Baumarten bewundern.

Schach im Park BrisbaneBrisbane: Palmen im Kreis Brisbane Park Urwaldbaum Baumschmuck Brisbane Wer einen tollen Blick über die gesamte Skyline haben will, ist mit dem Auto schnell auf dem Mount Cootha. Circa 45 Autominuten vom Zentrum entfernt, befindet sich außerdem eine ruhige Halbinsel, auf der sich Rentner gerne niederlassen und die verlassenen Strände genießen. Unweit der Fangstelle der landesweit bekannten Moreton Bay Bugs – die ähneln Hummern, sind aber etwas robuster und gekrümmter.

Ich hatte das Glück, das zarte Fleisch eines solchen Schalentieres in einem tollen Fischrestaurant, dem „South Bank Surf Club„, genießen zu dürfen. Die romantischen Lichter der zweistöckigen Lokalität haben an diesem lauen Frühsommerabend nicht nur Liebespaare, sondern auch ein Possum angelockt, das plötzlich zwischen den Tischen hindurch huschte. Zarte Live-Musik-Klänge und der Blick auf einen nächtlichen Markt mit allerlei Taschen, Schmuck, bunten Seifen und sonstigen Accessoires versüßte uns die gewaltige Fischplatte auch ohne Nachtisch zusätzlich.

South Bank Surf Club Moreton Bay Bug Brisbane Eating Moreton Bay BugWas ich essenstechnisch und in Sachen Abendprogramm sonst noch empfehlen kann: chinesisches oder vietnamesisches Essen von Quan Thanh (drinnen ist es etwas laut, aber man kann die Speisen auch mitnehmen). Und die Bar Padre, weil es dort alle zwei Wochen in dem schmalen, urigen Keller für 5 Dollar unter dem Titel Dead Jesters Amateur-Comedy zu sehen gibt. Sehr lustig und auch für mich als Nicht-Muttersprachler verständlich! Sympathisch waren mir vor allem die beiden Moderatoren, die mehr oder minder gute Witze und Improvisationsanregungen auf Karteikarten geschrieben hatten, falls einer der Vortragenden mal ins Stocken gerät.

Australien First Steps: Brisbane

Die drittgrößte Stadt Australiens begrüßt mich freundlich. Durch einen Park, in dem eine Gruppe End-Zwanziger Gymnastik macht, geht’s vom Appartement meiner Gastgeber zum Brisbane River. Städte brauchen Wasser, der Meinung war ich schon immer – meine Theorie bestätigt sich hier am anderen Ende der Welt erneut. Ein Riesenrad ragt am Flussufer in den Himmel, an dessen Fuß sich pinke Blümchen um Torbogen aus Eisen schlängeln. Ein ganzer Gang dieser Arkaden zieht sich durch den Park des sogenannten West Ends. Die Konstruktion wird von Einheimischen als „Die Dinosaurierknochen“ bezeichnet.

Brisbane South Bank ParklandsAm Flussufer entdecke ich auch gleich eine Gemeinsamkeit mit meiner Heimatstadt Hamburg: Im Kulturzentrum QPAC (Queensland Performing Art Centre) wird gerade „König der Löwen“ aufgeführt. Außerdem amüsieren mich die Schulklassen, die in Trauben im Schatten von Bäumen an der Promenade stehen. In ihren Schuluniformen sehen sie aus wie aus der Kolonialzeit – mit ihren Faltenröckchen, den mintgrünen Hemden, bestickten Kragen und etwas zu langen Krawatten. Manche tragen den typisch australischen „Akura“-Hut, der mich irgendwie an Crocodile Dundee erinnert. Paul Hogan (in der Rolle des Abenteurers aus dem Busch) war hierzulande übrigens schon lange vor dem Film als Comedian bekannt.

Brisbane Queensland Performing Arts Centre Das Stadtzentrum von Brisbane ist ein einziges Shoppingparadies – junge, lässige Mode von sportlich bis feminin lacht einem aus den Schaufenstern entgegen genau wie „Sale“-Schilder, die auf Rabatte hinwiesen. So bekomme ich bei „Strandbags“ gleich eine schicke Handtasche zum Umhängen für 19.90, anstatt 39 australische Dollar. In Euro ist das etwa ein Drittel weniger. Natürlich gibt es auch spezielle Surfershops. Für die Wellenreiter an der goldenen Ostküste. Teile von Brisbanes Einkaufsstraßen sind überdacht – wahrscheinlich weil es hier so heiß wird. „Man wacht im Sommer auf und das Kopfkissen ist nass“, verraten meine Gastgeber Tudor und Natalie. Derzeit aber sind die Temperaturen mit etwa 24-26 Grad mehr als angenehm.

Brisbane Verkehr Brisbane Innenstadt Brisbane Shopping Auf einem von weißem Zeltstoff überspannten Platz räumt eine Gruppe Straßenmusiker gerade ihre Gitarren wieder ein. „Stay postive“, lacht der Leadsänger zum Abschied ins Mikro. Danke, das werden wir! Noch zwei To Do’s auf der Liste heute: Euros in australische Dollar tauschen und (in erster Linie für Notfälle) eine australische SIM-Karte besorgen – im Idealfall mit ein wenig Datenvolumen für Unterwegs-Internet. Beides klappt reibungslos. Dabei werde ich von den Service-Kräften immer nach meinem Vornamen gefragt. Ich weiß nicht, was das für eine Rolle spielt, finde es aber nett! Kommunikationsprobleme habe ich Gott sei Dank keinerlei.

Brisbane HochhäuserBrisbane RathausAuf Anhieb fühle ich mich wohl in dieser Stadt, in der man sich ohne Sorge allein zwischen Youngsters, Geschäftsleuten und internationalen Besuchern treiben lassen könnte. Treiben lässt sich auch ein langschnabliger Freund, den ich mitten im Getümmel nahe der Geldwechselstelle entdecke. Sieht ein bisschen aus wie ein Pelikan, nur ohne voluminöse Kehle. „Diese Vögel sind wie eine Plage. Sie sind überall“, erklärt Tudor. Die Tiere essen gerne Leftovers jeglicher Art, sind also überall da, wo Menschen etwas übrig lassen.

Brisbane Vogel Unser eigener Hunger treibt uns gen späten Nachmittag zurück an die Flusspromenade –  vorbei an glasspiegelnden Wolkenkratzern und Sandsteingebäuden im Kolonialstil. Der architektonische Mix (viele Gebäude stehen unter Denkmalschutz), die hellen Weiß-, Beige- und Grautöne und die städtische, aber gleichwohl entspannte Atmosphäre sind es übrigens, die mich hier in Brisbane an das kanadische Montréal – manch einen sicher auch an die USA – erinnern. Die „River Bar & Kitchen“ oder nur „River Bar“ ist nach der Lunch-Rush-Hour der perfekte Ort für ein kühles Getränk, einen kleinen Snack und einen tollen Blick.

Brisbane Bar am Wasser Eines habe ich schon an meinem ersten Tag hier in Queensland gerlernt: Die Australier lieben Café und vor allem Bier. Das Malzgetränk ist einfach ihr Ding – sie trinken es mittags, nachmitttags und abends. Dabei enden manche Sorten auf den Begriff „Ale“ und andere nicht. Warum, das habe ich schon wieder vergessen. Das vielleicht meistbestellte frisch Gezapfte ist jedenfalls das „Hop Hog“ der „Feram“-Brauerei. Am besten trinkt sich dies in einer der vielen Bars, in die man sogar sein eigenes oder gekauftes Essen, zum Beispiel von der Pizzeria gegenüber, mitbringen kann.

Der Australier mag die dunkle Pubatmosphäre, in der er sich familiär fühlen darf. Tudor und Natalie besuchen am liebsten die Bar „Bosc“ gleich um die Ecke in der Vulture Street. Benannt wurde die Straße nach dem Album einer der erfolgreichsten australischen Bands, die hier einst lebten und ihre Platte aufnahmen. Die Bardame der Bosc-Bar, Emely, hat einen Hund, surft gern und geht auch ab und zu golfen. Dafür setzt sie ihre rosafarbene Cap auf, um seriöser auszusehen. Woher ich das alles weiß? Dreimal dürft ihr raten! Bei Emely trinkt man jedenfalls für einen guten Zweck. 20 Prozent ihrer Einnahmen gehen an ein mexikanisches Waisenhaus.

Brisbane Café im CaravanBrisbane brewnette coffee van

Brisbane people

Tudor und Natalie (Jones) in ihrer Lieblingsbar Bosc. Beide haben europäische Vorfahren und kommen ursprünglich aus Tasmanien