Neueste Artikel

Open Show Hamburg N°5

In einer zur Abendzeit etwas dunklen Straße nahe des Hamburger Hauptbahnhofs biegen eine Freundin und ich am Donnerstag in einen kleinen Hinterhof ein. Wir sehen offenbar unsicher aus, „Wollt ihr zur Ausstellung?“, fragt der nette Türsteher mit den breiten Schultern. Er hat das Konzept des Foto-Events Open Show Hamburg wohl nicht so ganz verstanden. Nichtsdestotrotz treten wir in einen Raum, der für jegliche Kreative wie gemacht ist.

Die Location Projekt/Loft.23 hat weiße, rauhe Wände und eine meterhohe Decke. Neben dem Eingang steht ein riesiges Regal, das mit bunten Büchern gefüllt ist. Irgendwo lehnt ein Fahrrad und es gibt eine kleine Sitzecke mit Sofas, in der es sich bequem machen kann, wer zwischendurch Rückenschmerzen bekommt.

OpenShow-19

© Open Show Hamburg

Schwarze Industrielampen baumeln über der Bar, über der es noch eine hochbett-ähnliche zweite Etage zu geben scheint. Doch die Stufen blockiert eine Anziehpuppe mit Kopfhörern. Sie blickt gespannt in Richtung Leinwand. Bei der Open Show geht es allerdings nie direkt los, ich glaube das gehört zum Konzept: erstmal ankommen, den Raum auf sich wirken lassen und mit interessanten Leuten ein Pläuschchen halten.

Vier Euro für eine Weinschorle finde ich persönlich etwas teuer, aber ich weiß, dass ich davon nicht viele brauche, um hier einen netten Abend zu haben. Außerdem kostet die Veranstaltung selbst nichts und das Line-up ist auch diesmal wieder vielversprechend. Das Tolle: Es gibt nicht nur die Bilder, sondern auch die Geschichten dahinter. Außerdem wird das Publikum dazu animiert, gerne auch reinzuquatschen.

Menschen im Müll

Open Show Hamburg Kevin McElvaney

Kevin McElvaney © Open Show Hamburg

Den Anfang macht Kevin McElvaney, der sich unverständlicherweise noch immer als Amateur-Fotograf sieht. Letztes Jahr beschließt er, seine Leidenschaft zu professionalisieren. Ganz gezielt unternimmt er eine Projektreise nach Afrika und zwar zu einer aus den Medien bekannten Mülldeponie in Ghana. Dort landet all unserer Elektro-Schrott. In der Hügellandschaft aus Metall und sonstigem Abfall will er Menschen kennen lernen, die hier mit Absicht leben.

Sammler, von denen jeder vielleicht ein ungefähres Bild im Kopf hat, nicht aber eines mit Gesicht und Lebensgeschichte. Er stellt die Schwarzafrikaner auf einen geeigneten Gegenstand aus dem Müllhaufen. Das kann zum Beispiel ein PC-Bildschirm sein. So schießt er in einer Woche ein Portrait nach dem anderen, seine Foto-Modelle freuen sich über das Interesse.

OpenShow-1027Kevins Bilder zeigen schöne Menschen, stolze Menschen, die im Grunde nichts haben. „Das Beste, was du hier finden kannst, sind zwei gleiche Schuhe“, erzählt einer von ihnen. Wie die anderen Müllsammler hat auch er Kopfschmerzen, dagegen hilft ein Wasser-Gemisch aus Aspirin und Zitronensirup (so schmeckt es zumindest). Nur den Schmerz über den Tod seiner kompletten Familie lindert das Getränk nicht.

Als deutscher Fotograf mit Hoffnung auf ein „visa on arrival“ in Ghana einzureisen, ist übrigens das eine, aber von dort weiter nach Nigeria zu kommen, ist noch einmal etwas ganz anderes. Nach dem missglückten Versuch ist Kevin so enttäuscht, dass er alle Bilder seiner Reise zunächst in eine Ecke verbannt. Erst deutlich später holt er sie wieder hervor, um sie Redaktionen anzubieten. Nach kurzer Stille im Pressewald beginnt Kevins Siegeszug beim Stern und dem arabischen Nachrichtensender Al Jazeera.

Nackte Menschen in der Küche

Open Show Hamburg Simon Puschmann

Simon Puschmann © Open Show Hamburg

Das komplette Kontrastprogramm bietet Simon Puschmann. Sein Vortrag beginnt mit chromglänzenden Autos auf tadellosem Asphalt. Als Werbefotograf für motorisierte Luxusgüter hat sich Simon bereits einen Namen gemacht. Doch dann gibt es noch diese andere, experimentierfreudige Seite an ihm. Ein Jahr lang fotografiert er jeden Tag mit einer Leica-Kamera alles, was ihm gerade so vor die Linse kommt. Er nimmt die M Monochrom auch mit auf seine vielen Reisen.

Warum sind eigentlich silberne Metallstühle interessanter, nur weil sie in Wien stehen, und weshalb nur wirkt ein Teppich aus Hollywood gleich glamourös, frage ich mich. Ich mag die Momentaufnahmen und vor allem, dass Simon sie zu einem Film verschmelzen lässt. Doch insgeheim sucht mein Geist nach dem roten Faden in alledem. Ich glaube es geht darum, dass es diesen gerade nicht gibt. Eine interessante Hinleitung auf das, was dann kommt:

OpenShow-27

© Open Show Hamburg

Seit einiger Zeit arbeitet Simon an einem Projekt, bei dem er Wildfremde anquatscht, ob Sie sich nackt fotografieren lassen würden und zwar nicht irgendwo, sondern in ihrer eigenen Küche. Männer, Frauen, Dünne, Dicke aus unterschiedlichen Ländern – der Fotograf will die ganze Bandbreite abbilden. Als ihm ein Mann offen ins Gesicht sagt „Du könntest mich ja auch abstechen“, antwortet er nur, davor habe er genauso viel Angst.

Einige seiner Models generiert er über Mund-zu-Mund-Propaganda, bei anderen, wie auf den Straßen Lissabons, kostet es ihn mehr Überredungskunst. Neun Bilder werden pro Person veröffentlicht. In jedem Foto soll er oder sie ein Kleidungsstück ausziehen und dabei idealerweise noch irgendetwas anderes tun. Da gibt es in jedem Haushalt ja genug Möglichkeiten, was zu ganz individuellen Szenen führt.

Menschen auf Festivals

Open Show Hamburg Kai Müller

Open Show Hamburg © Kai Müller

„Seid ihr auch Fotografen?“, frage ich eine sympathische Frau, die zufällig nehmen mir steht? Einfach nur, weil mich interessiert, in was für einem Klientel ich mich gerade tummele. „Nein“, sagt sie lächelnd, „Wir sind Freunde von Kai und wir sind auch gerade erst gekommen“. Kai Müller, der in Berlin lebt und arbeitet, gibt vor seinem Auftritt offen zu, dass er sehr nervös ist. Vermutlich hat er sich entsprechend über den Support gefreut.

Der Fotograf entführt uns Zuschauer nach Island auf ein kleines, aber besonderes Metal-Festival. Das Eistnaflug ist das härteste Musikfest des Landes. Kevin hat sich auf die Fahne geschrieben, Konzerte in Bildern einzufangen, aber so, dass man auch die Konzertgänger sieht und die Stimmung auf dem Gelände spürt.

OpenShow-1041Während Metal-Fans auf dem deutschen Wacken vielleicht mittlerweile eher genervt von der Journaille sind, fängt Kai intensive Blicke von Skandinaviern ein. Seine spontan gewählten Models posieren nicht und haben dennoch einen ganz eigenen Look. Schwarze Schminke auf nordisch heller Haut, Bierdosen, die auf einer grünen Wiese stehen und dazu die Berge, die im Hintergrund der Konzerthalle aufragen – Kai Müller findet in Island alles, was er für seine Fotoserie braucht.

Menschen zwischen schön und vergänglich

Open Show Hamburg Carsten Witte

Open Show Hamburg © Carsten Witte

So wie Carsten Witte auf der Bühne sitzt, könnte er alles sein – vom etwas reiferen Model bis hin zum Top Manager. Schönheit ist sein Thema, vor allem die des weiblichen Körpers. Seine Bilder: hochgradig ästhetisch. Man schaut die unbekleideten Frauen an wie ein Kunstwerk, ohne dabei diesen starren Blick nach vorn zu simulieren, damit auch ja keiner merkt, dass man die Körper mit den Augen abfährt.

Aber was Carsten in den letzten seiner vielen Berufsjahre noch vielmehr reizt als das Makellose, ist der Übergang von Schönheit zu Vergänglichkeit. So inszeniert er Models als Schmetterlinge und hängt sie nebeneinander auf – wie der Präparator seine Falter. Schon als Kind faszinierte den Hamburger, wie man die Tiere aufspießt, um ihr strahlendes Äußeres zu bewahren.

Für eine andere Foto-Serie legt er Schädel aus einem Museum optisch über die Gesichter von Frauen, sodass beispielsweise die langen Zähne hervortreten. Eine gern genommene Abwechslung für Foto-Magazine & Co. Carsten darf in Amerika ausstellen und hat sogar ein Angebot nach New York zu ziehen. Aber warum weggehen, wenn er in Hamburg Bilder machen kann, die reif für New York sind, fragt sich der norddeutsche Könner.

Würde er nicht hier in der Hansestadt leben, hätte er vielleicht auch nie von der ersten Open-Show-Reihe Deutschlands erfahren und sich nie gemeldet, kostenlos in einem Loft hinterm Hauptbahnhof von seinen Projekten zu erzählen. Ein großes Glück also, ihn auf der Bühne zu sehen. Die Open Show Hamburg findet übrigens alle paar Monate statt.

Titelfoto © Open Show Hamburg

GEO-Reporter live erlebt

Ein GEO-Reporter ist irgendwas zwischen Fotograf, Journalist, Wissenschaftler, Extremsportler und Asket. So zumindest mein Eindruck nach dem ersten Vortrag der Veranstaltung „Abenteuer Erde – GEO-Reporter live erleben“. Das Event in der Laeiszhalle Hamburg, bei dem GEO-Mitarbeiter von ihren Reisen und Projekten berichten, eröffnet am Sonntagnachmittag Michael Martin. Man kann nicht anders als schmunzeln, als der gebürtige Bayer die Bühne betritt. Seine Rede beginnt er so schwungvoll, wie das halblange Haar in sein gebräuntes Gesicht fällt. Martin kennt jetzt alle Wüsten dieser Erde und kann deshalb Trocken- mit Polarwüsten vergleichen. Zehn Expeditionsreisen hat er für sein Projekt unternommen, die letzte endete am Samstag um 21:30 Uhr.

Ein Mann, der alle Wüsten kennt

Michael Martins Bilder sind wahnsinnig. Sie zeigen Sterndünen, Eislandschaften und Rentier-Eskimos. Außerdem ist fotografisch dokumentiert, wie der Reporter selbst mit dem Motorrad in Wüstenschnee stürzt. Ja, richtig mit dem Motorrad, bei fast Minus 40 Grad. Darauf muss man erstmal kommen! Zwar fährt der Anfang 50-Jährige mit beheizter Weste, Unterhose und beheizten Socken, aber so richtig Spaß machen die Bedingungen nicht. Deshalb hat Martins Ehefrau solche Aktionen in Zukunft auch verboten. Das wird ihn jedoch vermutlich nicht daran hindern, sein Motorrad überall dorthin mitzunehmen, wo es sich gut fahren lässt. Wie etwa  nach Australien, wo die Maschine erst nach sechs Wochen Quarantäne ins Land gelassen wurde. Sie kam vorher aus Afrika.

Abenteuer Erde Arktische Landschaft GEO

Queen Maud Land (Antarktis), unterwegs zu den Drygalski-Bergen © Michael Martin | GEO

Das Warten ist Michael Martin gewohnt. Das gehört zum Job. So bekommt er nach 25 Jahren endlich ein Visum für Saudi-Arabien und darf nach einer Woche Auf-gutes-Wetter-Warten endlich einen antarktischen Hotspot erkunden. Sein Mund formt sich zu einem breiten Grinsen, wenn er von den entlegendsten Teilen dieser Welt erzählt. Davon, wie er Tüten-Nahrung mit geschmolzenem Schnee zubereitet oder dass die Russen in ihre Expeditionsflugzeuge Dixie-Klos einbauen. Ich wünsche viel Muße beim Sichten von 300.000 Fotos sowie 400 Stunden Filmmaterial, und bin gespannt auf das Programm, das Martin bis zum Herbst zusammenschnüren will.

Ein Fotograf zwischen Leben und Tod

GEO-Reporter Manuel Bauer Abenteuer Erde

© Manuel Bauer | GEO

Der zweite Vortragende, Manuel Bauer, hat am Sonntag eine packende, tragische und zugleich hoffnungsvolle Geschichte im Gepäck. Sie dreht sich um das Thema Bergrettung, sprich um mutige Hubschrauberpiloten und geschulte Lebensretter. Alles beginnt mit Thomas Humar, einem bekannten slowenischer Bergsteiger, der im Westhimalaya festsitzt. Dass der Volksheld lebend geborgen werden muss, ist den örtlichen Behörden sofort klar. Doch das pakistanische Militär verfügt zwar über jede Menge Stolz, nicht aber über Expertise im Bereich solch delikater Rettungsaktionen. Trotzdem probiert man das Manöver selbst – noch vor Ankunft der angefunkten Crew von Air Zermatt aus der Schweiz.

Fast kommen dabei gleich zwei Menschen ums Leben, denn der Pilot bedenkt nicht, dass der Bergsteiger noch mit einem Seil am Felsen hängt. Das nächste Mal als Humar – diesmal in Nepal – in Gefahr ist, wartet man also doch auf die Schweizer. Die wiederum realisieren, dass im Fernen Osten etwas passieren muss. Die Einheimischen sollen in die Lage versetzt werden, komplizierte Rettungen selbst durchzuführen.

Abenteuer Erde Bergrettung Hubschrauber GEO

Bergrettung Zermatt, Übung am Matterhorn © Manuel Bauer | GEO

Am ersten Schweizer-Nepalesischen Trainingsprogramm nehmen zwei engagierte junge Männer teil. Einer von ihnen hat sich vom Automechaniker hochgearbeitet und begeistert alle durch seine positive Art. Beide „Lehrlinge“ machen auf begleiteten Rettungsflügen große Fortschritte, sodass sogar Manuel Bauers Freundin gerne das Opfer in der Gletscherspalte spielt. Ganz alleine den Ernstfall managen können die Nepalesen aber noch nicht.

So kommt es, dass, zurück in der Heimat, beide bei dem Versuch ums Leben kommen, zwei Bergsteigern zur Hilfe zu kommen. Zentimeter fehlen und alles wäre gut verlaufen, doch das Rotorenblatt streift die Felswand. Die Insassen des Hubschraubers stürzen 1.000 Meter in die Tiefe. Bauers Stimme zittert, als er von den hinterbliebenen Familien erzählt. Der GEO-Reporter, der rein optisch auch ein Skilehrer sein könnte, war ebenso geschockt über die Nachricht wie das Team von Air Zermatt.

Das Schwierige an den Manövern in Nepal ist die enorme Höhe, weiß Manuel Bauer nach seiner Dokumentation. Denn bei 6.000 Metern können Hubschrauber nicht mal mehr richtig fliegen. Sogar ein kontrollierter, seitlicher Absturz kann hier eine Technik sein, um den fehlenden Auftrieb auszugleichen. Inzwischen gibt es einige Nepalesen, die erfolgreich gelernt haben, solche Manöver umzusetzen. Das Unterstützungsprogramm der Schweizer hat sich also bewährt.

Einer, der schräge Vögel mag

Abenteuer Erde Klaus Nigge

© Klaus Nigge | GEO

„Es geht bergab mit der Natur“, sagt Klaus Nigge und meint es ganz im Allgemeinen. Als Tierfotograf müsse er für seine Arbeit immer einen Grad finden zwischen apokalyptischer Panikmache und Schönfärberei. Anhand des Philippinenadlers illustriert er deshalb ganz konkret den Klimawandel, der viele Tierarten aussterben lässt. Immerhin ist der imposante Adler, der in den kaum noch vorhandenen philippinschen Wäldern lebt, in seiner Heimat kein Underdog. Stolz ziert er alle möglichen Werbeplakate und hat es sogar zum Nationalvogel geschafft.

GEO Abenteuer Erde Philippinenadler

© Klaus Nigge | GEO

Das ist nicht zuletzt der Philippine Eagle Foundation (PEF) zu verdanken. Die Organisation geht sogar in Schulen und hat in den Köpfen der Menschen eine tiefe Wertschätzung für den Adler verankert. Wer ihn erschießt, landet sechs bis 12 Jahre im Gefängnis. „Ein schräger Typ mit einer coolen Frisur“, denkt Klaus Nigge schon in jungen Jahren über den Philppinenadler. Mal sehe das Tier wie ein frisch geföhnter Macho aus, mal wie eine strenge Klosterschulen-Lehrerin. Man soll Tiere nicht vermenschlichen, sagen die einen. Aber warum eigentlich, wenn es ihm nicht schadet, ihm vielleicht sogar hilft, sagt Nigge.

Drei Wochen lang sitzt der GEO-Mitarbeiter in einem Baumhaus, 36 Meter über dem Erdboden. Er hat keine Dusche und verpasst immer wieder den magischen Moment, in dem der Adler auf seinem Nest landet. Er beobachtet den Vogel beim Sitzen, Füttern, Fliegen und in der Gegend Herumgucken. Oft denkt der Reporter dabei an den Hotelpool, frische Bettwäsche und ein kühles Mixgetränk. Immerhin hat er im Gegensatz zu seinem Foto-Objekt das Glück, sich seinen Lebensraum ganz frei wählen zu können, wenn man bedenkt, dass es von 95 Prozent Waldfläche auf den Philippinen nur noch weniger als 5 Prozent gibt.

Einer, der auszog, die Unterwelt zu erkunden

GEO-Reporter Lars Abromeit Abenteuer Erde

© Robbie Shone | Lars Abromeit | GEO

Man stelle sich vor es ist finstere Nacht. Also nicht so, als ob man das Rollo runtergelassen hat, sondern so, als befände man sich in einer Höhle viele, viele Meter unter der Erde. Kein Licht und absolute Stille. Plötzlich ertönt ein lauter Knall: die Hängematte der Kollegin ist gerissen. Die junge Frau erschrickt sich natürlich furchtbar und fällt auf einen Kollegen der unter ihr liegt. Das ganze Team ist wieder wach – natürlich!

Lars Abromeit hat genau diese Situation erlebt. Er ist der einzige Schreiberling, der am Sonntag seine Geschichte präsentiert. Der offensichtlich Jüngste der Vortragenden, hat für die Laeiszhalle ein dunkles Sakko aus dem Schrank geholt. Dass ihm aber Dreck und Staub nichts ausmachen, zeigt seine Expeditionstour. Gemeinsam mit einem Fotografen hat Abromeit ein Höhlenkletterer-Team begleitet und dabei den Reiz des Ungewissen am eigenen Körper gespürt. Während übertage viele Flecken der Erde schon erkundet sind, gibt es in den Höhlen Südwestchinas noch Orte, an denen nie ein Mensch gewesen ist.

GEO4-Hoehlenkletterer

Höhle im Südwesten Chinas © Robbie Shone | GEO

Reißende Bäche und meterhohe, schroffe Felswände – nicht immer ist es einfach den Raum, in dem man sich befindet, überhaupt in seiner Gänze zu erfassen. Auch die Entscheidung, wolang genau man weitergehen soll, ist nicht immer leicht. Wenn in einem Spalt, ein richtig starker Windzug bläst, dann weißt du, dass etwas Großes dahinterliegt, erklärt Abromeit. Einmal reißt ein Seil und der Reporter bricht sich den kleinen Finger. Neben der körperlichen gibt es für das GEO-Team eine weitere große Herausforderung: die Höhlen richtig auszuleuchten, damit die Leser sich später eine Vorstellung machen können. Bei mir hat’s geklappt, ich bin fasziniert!

GEO-Reporter-LaeiszhalleMein Fazit der Veranstaltung Abenteuer Erde – GEO-Reporter live erleben: Passionierte Persönlichkeiten, atemberaubende Bilder und spannende Geschichten! Das GEO-Prinzip funktioniert also auch in live!

Titelbild © Michael Martin

Cap läuft | Instameet Hamburg | Fototour Hamburg

Instameet: Fototour mal anders

Was mag wohl ein Instameet sein? Ein Treffen von Leuten, die auf Instagram vertreten sind! Deshalb habe ich am Abend vor dem Wordwide Instameet Hamburg auch noch schnell einen Hambitious-Account auf dem Bilder-Portal angelegt. Gemeinsame Fototour, erst durch die HafenCity und dann in Kleingruppen durch weitere Viertel, lautete das Programm. Klingt nach einem spannenden Tag, an dem man Fotofans, Ästheten und digital Aktive kennenlernen kann, dachte ich. Und genau so war es auch:

Wordwide Instameet Hamburg | Fototour Hamburg HafenCity Am Samstagmorgen um kurz vor zehn, sehe ich eine Traube von etwa 200 Menschen vor den Stufen der Marco-Polo-Terassen stehen. Dicke graue Wolken hängen am Himmel, aber immerhin kommt nichts Nasses runter. Ich kenne Hamburg ja auch von seiner sonnigen Seite, doch einige Teilnehmer sind aus anderen Städten oder sogar aus dem Ausland angereist. Die Stimmung lässt sich hier zum Glück niemand durch das melancholische Wetter vermiesen. Die Event-Organisatoren von der Plattform We love Hamburg (#welovehh) reichen uns Umhängeschilder mit verschiedenfarbigen Bändern. So weiß ich gleich, mit wem ich am Nachmittag zusammen weiterlaufen werde. Ein paar Aufkleber und eine Wertmarke für die After-Show-Party sponsert by Samsung gibt es auch gleich noch dazu.

Foto im Sprung| HafenCity | Instameet Hamburg

Neben der Kiez- und Schanzenroute, für die ich mich entschieden habe, stehen noch „Kutter & Co.“, die City Nord, „Dom & FC St. Pauli“ sowie eine Tour durch Hamburgs U-Bahn-Tunnel zur Auswahl. Doch erst mal hauchen wir gemeinsam der HafenCity etwas Leben ein. Die Truppenanführer von We love Hamburg bestimmen zwar die Marsch-Richtung, tun sich aber ansonsten nicht großartig aus der Masse hervor. Das führt dazu, dass jeder selbst entscheidet, was er für fotografierenswert hält. Die Schwierigkeit besteht dabei darin, nicht ständig andere Teilnehmer im Bild zu haben. Es sei denn, die Mitstreiter denken sich kreative Posen aus.

Bridge Climbing Hamburg | Instameet Hamburg | HafenCity
Bridge Climbing beispielsweise ist im Ausland total in, warum also nicht auch mal die kleinen Brücken über den Elbkanälen besteigen? Besonders charmant finde ich außerdem die Idee zweier Mädchen, sich mit einem bunten Schirm ablichten zu lassen. Insgesamt ernten wir als Gruppe mit lauter Smartphones und Kameras in den Händen natürlich einige neugierige Blicke von Passanten. Und der Versuch eines Gruppenfotos ist für die Organisatoren eine echte Herausforderung!

Bunter Schirm | HafenCity | Fototour Hamburg

Fotos von Fotografen, Bilder in Bildern schon am Ende des Vormittags habe ich eine Menge interessante Aufnahmen im Kasten. Guten Stoff von meinem zweiten Fotowalk zeige ich euch in einem Fortsetzungs-Post. Für diejenigen, die nicht auf Instagram sind (auch am Samstag waren einige dabei) hat We love Hamburg alle Aufnahmen vom Wordwide Instameet 11 gesammelt, die schon im Netz sind.

Bild im Bild | HafenCity | Fototour Hamburg#wwim11hh #hambitious_blog

Streetfood Thursday am Mittwoch

Essen ist ein zeitloses Thema. Eigentlich immer und für jeden relevant. Deshalb darf man auch am Samstag noch über eine besondere Gastroveranstaltung vom Mittwochabend berichten ;-). Der Streetfood Thursday, der diesmal ausnahmsweise Mitte der Woche stattfand, ist bei schönstem Frühlingswetter an den Fischmarkt umgezogen. Eine willkommene After-Work-Aktivität für gestresste Fans von schneller, aber leckerer Küche und ausgewählten Zutaten aus unserer Region.

HafenHamburgSonnenuntergang2

Der Himmel über dem Hamburger Hafen erinnert am Mittwoch farblich an einen Sex on the Beach.

Als ob es nirgendwo in Hamburg etwas zu essen gäbe, strömen die Massen fast hafengeburtstags-like von den Landungsbrücken heran, um die extravaganten Essenstände in und vor der Fischauktionshalle zu begutachten. Für den Innenbereich soll man sogar ein paar Euros zahlen, was im Internet vorab eine rege Diskussion auslöst. Aber selbst wer bereit ist, das Geld für den organisatorischen Aufwand, den Kampf um eine neue Bleibe und die Miete der privaten Halle zu zahlen, muss genügend Geduld mitbringen, um sich in die Mega-Schlange einzureihen.

StreetfoodThursdaySchlangeSchwierig, denn jeder weiß, wie nervenaufreibend es sein kann, mit hungrigem Magen auf den rettenden Happen zu warten. So lag auch die Stimmung im Außengelände irgendwo zwischen entspannt und angespannt. „Lass uns erstmal hier irgendwas essen, dann habe ich vielleicht auch wieder Lust, mich da anzustellen“, sagt ein groß gewachsener Mann zu seiner Freundin, die lieber rein möchte. Er bringt auf den Punkt, was viele denken. Außerdem weiß der nordische Jung über einen heißen Telefondraht, dass es drinnen fast genauso voll sein soll.

StreetfoodThursdayBiopfannkuchen

Zwischen Hipstern zwischen 20 und Ende 30 sowie Familien mit Kindern schieben auch meine Freundin und ich uns durch die Menschentrauben hindurch. Alle Welt scheint lokale Burritos zu wollen und die Biopfannkuchen von Goldmädchen sehen auch unheimlich lecker aus. Vegane Burger, Chilli con Carne ohne Carne oder ofenfrische Pizza  die Auswahl kulinarischer Köstlichkeiten ist beim Streetfood Thursday groß. Wir entscheiden uns letztendlich für handbelegte Flammkuchen mit Ziegenkäse, Honig und Datteln. In erster Line, weil es aussieht, als ob vor dem kleinen, blauen Bulli der „Flammküche“ niemand ansteht. Da unsere Wahl aber tatsächlich eher zur Kategorie Slow Food gehört, warten wir gute 15 Minuten, bis wir mit Vornamen für das Mahl aufgerufen werden.

StreetfoodThursdayFlammkuchenCollageFazit: Wem das Gedränge morgens in der U-Bahn oft zu viel ist, für den war der Streetfood Wednesday bzw. Thursday nichts. Die angebotenen Gaumenfreunden können sich geschmacklich aber sehen lassen! Um die 5 Euro haben wir für ein erstes Sättigungsgefühl gezahlt. Über die Atmosphäre in der Fischauktionshalle drinnen, kann ich leider nicht so viel sagen, aber durch die Fensterscheibe ließ sich eine stimmungsvolle Veranstaltung erahnen. Hier gab es wohl auch ein wenig mehr Platz zum eigentlichen Essen, sobald man sich etwas von den Ständen entfernt hat. Super war der Mittwochabend jedenfalls zum People Watching: Ich habe viele, viele sehr interessant aussehende Menschen gesehen!

StreetfoodWednesday-drinnen
StreetfoodThursdayFischauktionshalle2
StreetfoodThursdayHafenHamburg
Der Streetfood Thursday in Hamburg findet in der Regel einmal im Monat statt. Aktuelle Termine gibt’s auf der Facebook-Seite.

Autoren Mit Vergnügen Hamburg Natalie

Natalie goes Mit Vergnügen Hamburg

Klammheimlich habe ich vor Kurzem angefangen, ab und zu auch für Mit Vergnügen Hamburg zu schreiben. Ihr kennt die Seite gar nicht? Dann wird es höchste Zeit, mal reinzuklicken! Nicht umsonst hat der Schwesternblog von Mit Vergnügen Berlin in seinem ersten Jahr über 20.000 Facebookfans gewonnen. Die Redaktion stellt täglich persönliche Empfehlungen rund um unsere allerliebste Hansestadt ins Netz. Ob Kulinarik, Musikalisches, Partytipps oder Filmvergnügen – selbst für Urhamburger wie mich sind immer nette Geheimtipps dabei. In der Rubrik Glaube, Liebe, Hamburg wird auch mal über Tinder-Dates gesprochen oder darüber, wo man sich am Valentinstag betrinken kann.

„Ich glaub, das eher linke Spektrum der Hamburger interessiert sich gar nicht für uns. Die finden uns richtig scheiße“, lacht Kathrin Weßling aus dem dreiköpfigen Redaktionsteam neulich auf der Social Media Week. Schlagfertig nimmt sie auch bei einer Podiumsdiskussion zu lokalen Medien die Kritik eines Blogger-Kollegen entgegen: Mit Vergnügen schreibe manchmal zu positiv respektive zu wenig journalistisch, so der Vorwurf. Aber wenn ein Burger tatsächlich so richtig „sagenhaft lecker“ ist, warum soll man das dann nicht auch sagen? Vom Stil her erinnert mich die Seite übrigens ein bisschen an die NEON, bloß dass es persönlicher, frecher und kieziger sein darf. Gut 22.000 Hamburgern gefällt das offenbar, genau wie mir und den 30-40 anderen freien Autoren, die für das Portal schreiben.

Wer mit dem Team noch nachträglich den ersten Geburtstag begießen möchte, kommt am 27. März auf die Party im Terrace Hill (Bunker). Und hier geht’s zu meinem Autorenprofil, für das mir vergnügliche Fragen gestellt wurden.

Foto von Michael Osei-Ampadu

ITB 2015 Thailandstand

Die große Reisemesse ITB

Die Welt ist diese Woche in Berlin zu Gast und ich war zum ersten Mal dabei. Auf der ITB, der größten Reisemesse, trifft sich alles, was in der Touristikbranche Rang und Namen hat. „It’s a match!“ rufen in Weinrot gekleidete Studenten, die auf einer Brücke in der Einmarsch-Schneise des Messegeländes stehen. Sie halten ein Plakat auf dem „Du + Air Berlin = Sonne“ oder Ähnliches steht. „Gute Laune!“, trällert eine der Promotion-Damen. Die Mehrheit der in Richtung Messe strömenden Business-Menschen sieht jedoch noch nicht so aus. Etwas zu trockene Luft, etwas zu grelles Licht und weite Strecken, die man auf schicken Schuhen zurückgelegen muss – jeder weiß, dass so ein Messetag auch kein Zuckerschlecken ist.

ITB 2015 Uganda
Aber es lohnt sich: Wenn man noch nie auf der ITB war, hat man wirklich viel zu gucken, selbst wenn man sich nur die Gestaltung der über 10.000 Stände aus mehr als 180 Ländern anschaut. Und da hat natürlich jeder Aussteller so seinen eigenen Stil. Bei den Afrikanern ist es bunt, Tiersymbole und viel Holz sind angesagt. Bei den Arabern glitzert und blinkt es. Dem Gast wird frischer Tee in kleinen, dickbäuchigen Gläsern gereicht. Ägypten stellt sogar Pyramiden aus Pappe auf, um den Blick der geschäftigen Passanten zu fesseln. Bei den Deutschen hingegen geht es eher dezenter zu. Hier sollen offensichtlich die Inhalte für sich sprechen.

ITB 2015 Phillipinen

philippinische Natürlichkeit

ITB 2015 Japan

japanischer Schirmchen-Charme

ITB 2015 China

chinesische Mauern

Mir war zum Beispiel gar nicht so bewusst, dass es Reiseanbieter gibt, die sich speziell auf Angebote mit hochkulturellem Schwerpunkt spezialisiert haben. Um die stilvoll bestuhlte Culture Lounge herum stellt sich auf der ITB etwa Kassel als documenta-Stadt vor und Besucher erfahren von den Schlössern, Burgen und Naturdenkmälern der einstigen Fürstenfamilie Esterhazy unweit von Wien. Zufällig gehe ich auch an dem großzügig dimensionierten Hamburgstand vorbei und zwar genau in dem Moment, als diverse Fachmessebesucher bei einer Hamburg-für-Olympia-Aktion mitmachen. Sie schwenken Flaggen dafür, um die Hansestadt im Rennen um das beliebte Sportereignis zu supporten. Die Fotografen sind begeistern. Dazu spielt eine Band.

ITB 2015 Hamburg Olympia

Zwar fühlt sich sicher ein wenig als Außenseiter, wer seinen Tag nicht mit Geschäftsmeetings durchgetaktet hat, doch an der ITB hat mich vor allem das internationale Flair des Events begeistert. Da stehen tatsächlich Tourismusvertreter aus dem Irak, dem Iran, Jordanien und Swasiland, um den reisefreudigen Deutschen (Privatbesucher kommen übrigens erst am Wochenende auf die Messe) ihr Heimatland schmackhaft zu machen. So sage ich „Excusez“, als ich zwei Franzosen überholen will und gucke einem Scheich in die Augen, der mit seiner Frau ins Taxi steigt. Darf man das überhaupt? Auf dem Messegelände überlege ich, wie wohl die belgischen Trüffeln schmecken, die ich öfter in den Snack-Bereichen sehe, und freue mich, dass das diesjährige Partnerland, die Mongolei, auch einen eigenen Food-Stand hat.

Die ITB ist toll, um auf Ideen zu kommen und sich bewusst zu machen, was beim Reisen alles möglich ist. Klar, es gibt L’TUR und die Kanaren, die auch ihren Messeauftritt haben, aber es gibt eben auch Destinationen, die mit ganz anderen noch unergründeten Reizen locken. Die Internationalität der Messe zieht sich in meinen Abend hinein. Ich bin bei einem Tweet-up in Kreuzberg angemeldet. „Wenn du wieder Akku hast, musst ich unbedingt wissen, was ein Tweet-up ist“, schreibt mir eine Freundin über WhatsApp. „Irgendwas mit Twitter“, antworte ich und weiß bis jetzt nicht, ob auf der Veranstaltung von iambassador im INFARM, einer kreativen Eventlocation, die zugleich Forschungsstelle für vertikale Landwirtschaft ist, wirklich irgendwer getwittert hat.

ITB 2015 L'tur

Business-Beach (L’TUR)

Völlig durchnässt von Schneeregen komme ich gestern Abend bei der vermeintlich coolen After-Show-Veranstaltung an und frage mich zuerst, warum bloß mein Zug erst um 22:55 Uhr wieder zurück nach Hamburg fährt. Doch dann gibt es süße Mini-Burger, mit Scones-Teig, Schafskäse und einem leicht scharfen Salatblatt in der Mitte. Es gibt Blogger und an Bloggern Interessierte, die sich in allen möglichen Sprachen über alles Mögliche unterhalten und dann gibt es eine wirklich klitzekleine Präsentation der Veranstalter, inklusive der Verlosung einer Reise. Gastgeber bzw. Partner ist Málaga.

Zum Schluss steigt der Bürgermeister der spanischen Stadt höchst persönlich auf einen Holzstuhl, um von allen gesehen zu werden und Glücksfee zu spielen. Ich verstehe ihn nur zum Teil, auch wenn ich weiß, dass er Englisch spricht. Doch der alte Herr ist so sympathisch, dass ich ihm trotzdem fast glauben will, wenn er sagt, dass in Málaga „the best people“ leben.

ITB Traveldudes Tweet-up Bürgermeister Malaga

Auch ganz interessant: Das Reiseland Deutschland ruft zu einer Aktion auf, bei der YouTuber Reisefilm-Schnipsel über Deutschland einschicken sollen; und der Südtirol will via Hashtag wissen, was die Blogger in den Tagen der ITB inspiriert (#WasUnsBewegt oder #WhatInspiresMe). Der Tweet-up-Initiator weist in diesem Zusammenhang darauf hin, auf der Messe doch unbedingt die eTravel-Halle 6.1 zu besuchen, in der sich unter anderem Start-ups bei Kurzvorträgen vorstellen. Diese Empfehlung kann ich nur unterstreichen!

Denn in der Halle 6.1 habe ich gestern einiges gelernt oder zumindest interessante Zusammenfassungen gehört. Günter Exel von Tourismuszukunft beispielsweise (ja, Exel, fast so wie das Programm ;-), referierte über Echtzeit-Berichterstattung im Reisejournalismus. Dabei wies er auf die Implementierfunktion von Twitter für Websites sowie das Storify-Widget hin und nannte Tools wie die Kurzvideofunktion von Twitter, die von Instagram und das intuitiv bedienbare Programm Splice für die Montage von Videoclips/Fotos/Audiospuren.

Was für’s Auge sei auch die Präsentation mit Flipboard, wenn es einem nicht auf eine bestimmte Reihenfolge der Bilder ankomme. Facebook und YouTube seien hingegen weniger geeignet, um Echtzeit-Content zu vermitteln. In Echtzeit durften wir Zuschauer übrigens während des Vortrags erleben, wie es aussehen kann, wenn ein Hastag „gekapert“ wird. Unter #ITB posteten plötzlich lauter Aktivisten von den Malediven in die Sozialen Netzwerke.

ITB für Blogger: Echtzeit-Journalismus

Echtzeit-Vortrag über Echtzeit-Journalismus

Neben dem Storytelling hat sich in den letzten Jahren auch die Ästhetik von Bildern geändert. Während Tourismusunternehmen lange Zeit auf hochglanzige Werbebilder setzten sind heute immer mehr individuelle, persönliche Bilder sowie Fotos mit besonderen Perspektiven oder Motiven gefragt, sagt Exel. In die Richtung geht auch der Tenor der Podiumsdiskussion „Innovationen in der Reiseberichterstattung“. Die lange Magazinreisereportage wird es, laut den Panel-Teilnehmern, immer geben, genau wie die Reiseteile in Tageszeitungen – auch wenn diese heute weniger umfangreich sind und von immer weniger Verlagen produziert werden. Gleichzeitig aber gewinnen Blogs, die von der Authentizität ihrer Autoren leben, gerade immer mehr an Bedeutung :-).

Die ITB Berlin läuft noch bis diesen Sonntag, den 08.03., und ist am Wochenende, wie gesagt, auch für Nicht-Fachbesucher zugänglich. Wer also in der Gegend ist …

Literaturquiz: Ratespaß für Bücherfans

„Bin ich hier richtig? Das war ja noch nie so voll“, sagt der Mann, der am Dienstagabend vor mir in der Schlange steht. Wir sind im Foyer des Literaturhauses an der Alster, wo an diesem Abend zum zweiten Mal gequizzt wird. Der etwa Mitte 40-Jährige trägt einen blauen Strickpullover, ein weißes Hemd und eine schwarze Brille, die ihn belesen aussehen lässt. Hinter mir unterhalten sich zwei Studentinnen, vielleicht Germanistinnen wie die jungen Frauen aus dem Orgateam.

Durch die gläserne Flügeltür sehen wir schon den Saal, in dem zwei große Kronleuchter von der stuckbesetzen Decke funkeln. Jeder Gast muss am Eingang ein farbiges Zettelchen ziehen und wird so zu einem der zehn Tischgruppen zugeteilt. Wer zusammen kommt, darf auch zusammenbleiben, in 10-ner Teams wird um die intellektuelle Ehre gerätselt. Und diesmal haben die studentischen Organisatoren die Richtlinien noch ein wenig verschärft.

Literaturquiz_Moderatoren„Ich begrüße Sie zu dieser spaßigen, wenn auch etwas chaotischen Veranstaltung“, sagt Katharina Schmidt-Brass, die im Duo mit Ronja Lange das Hamburger Literaturquiz moderiert. Das Event lehnt sich übrigens an die Tradition britischer Pub-Quiz-Runden an und ist aus einem Uniseminar heraus entstanden. Melden erst nach dem Glockenläuten, keine Antworten ins Blaue und natürlich keine Smartphones – so lauten die Regeln. Und: „Es herrscht dasselbe Prinzip wie beim Fußball: Was die beiden Schiedsrichterinnen nicht sehen, wird auch nicht gezählt. Das ist dann Künstlerpech“, stellt Katharina klar.

Jetzt zu den Fragen: Welche Autorin schrieb in welchem Buch folgenden Satz: „Ich rieche immer nur unter einer Axel nach Schweiß. Ehrlich, das habe ich von meiner Mutter geerbt.“? Und welcher Autor taucht mit einer Papiertüte auf dem Kopf in einigen Folgen der Simpsons auf? Welcher Schreiberling wollte das Grab seiner Frau öffnen, nur um sich ein Manuskript zu sichern, das dem Leichnam beilag. Und gibt es wirklich einen Literaten, der starb, weil er beim Martini-Trinken die Olive mit samt Zahnstocher herunterschluckte?

Literaturquiz_SchilderNa hättet ihrs gewusst? Im Literaturhaus schnellt bei fast jeder Frage mindestens eins der bunten Team-Schilder in die Höhe. Manche Aufgaben – natürlich stammen nicht alle aus der skurrilen Richtung – sind am Dienstag zugegebenermaßen sehr knifflig. Über viele Erfolgserlebnisse können sich vor allem echte Bücherwürmer freuen. Trotzdem haben Jung und Alt Spaß am gemeinsamen Dazulernen.

Literaturquiz_schriftlicher-Teil Bei Wein, Bier und Rabarberschorle werden Gebäude Verlagen zugeordnet, Statements Autoren und Filmschnipsel ihrer literarischen Vorlage. Die Gewinner des multimedialen Abends sind die Mitglieder des Teams Blau, gefolgt von Team Gelb und Team Grün. Diese Gäste dürfen sich über nette Geschenktüten mit Tickets zu Lesungen oder gratis Bücher freuen. Auch nächstes Jahr soll es wieder ein Literaturquiz geben, bei dem es sicherlich wieder die ein oder andere Überraschung gibt.

Literaturquiz_Geschenketuete

Sag es kurz: Pecha Kucha Night

Gute (Frauen-)Serien sind die, bei denen man innerhalb einer Folge lachen und weinen muss oder zumindest nachdenklich wird. Und etwa so war es am Mittwoch bei der Pecha Kucha Night Hamburg im Imperialtheater auf der Reeperbahn. Ich bin ganz ehrlich: Als ich auf dem Facebook-Flyer las „Stories in 20 Bildern x 20 Sekunden“, hatte ich keine Ahnung, was mich da erwartet.

Latent schwang vielleicht sogar die Empörung darüber mit, dass ich 9 Euro zahlen sollte, dafür, dass mir Leute wahrscheinlich ihr Geschäftsmodell präsentieren. Aber was zunächst klingt wie ein afrikanischer Trommeltanz (gesprochen Petscha Kutscha), war ein interessanter Ausflug in die Köpfe unterschiedlicher Menschen, die alle für ihre Sache brennen.

Pecha Kucha Nights Oliver BarteldsSo springt der Funke bereits bei Oliver Bartelds über, der erste Presenter, der 20 x 20 Sekunden Zeit hat, um sich in 20 Powerpoint-Folien vorzustellen. Als Wander- und Reinhold-Messner-Fan beschließt der gebürtige Ostfriese 2012 mit einem Freund die „Höhen“ Deutschlands zu erklimmen. Das heißt, die jeweils größte Erhebung in jedem Bundesland auszumachen. In Bremen gar nicht so einfach, wenn sich die als platte Wiese tarnt. Ein kluger Schachzug: Durch intelligente Eigenwerbung bekommt die Truppe von der Deutschen Bahn eine BahnCard 100 geschenkt.

Selbst die kleinsten Orte bereisen Oliver und seine Freunde per Zug, „Einfach weil wir es konnten“, sagt er. Die Schönheit der Natur inspirierte ihn dabei zu Sätzen wie: „Wir brauchen kein 5-Sterne-Hotel, wenn wir unter Millionen von Sternen schlafen können.“ Auch wenn im Laufe des Projekts der ein oder andere Weggefährte aufgrund der unkomfortablen Bedingungen auf der Strecke bleibt, wirkt für Oliver ein ganz besonderes Jahr noch immer nach.

Pecha Kucha Night Matthias Kulcke Hamburger MöbelmesseMatthias Kulcke schlägt bei Pecha Kucha einen etwas langsameren Ton an, hinter dem aber nicht weniger Leidenschaft steckt. Der Unidozent spricht davon, wie aus Träumen Wirklichkeit wird. Die Träume, mit denen er sich auskennt, sind die von Möbeldesign- und Innenarchitektur-Studenten. Durch den von Matthias initiierten Designwettbewerb „Hamburger Möbel“ bekommen jungen Talente eine Plattform.

Der Erfinder des besten Entwurfs gewinnt in jedem Durchgang eine Geldförderung sowie Experten-Unterstützung, zum Beispiel in Sachen Marketing. Was daraus werden kann, wenn ein Entwurf aus der Schublade tatsächlich in die Welt hinauszieht, zeigt der Computertisch „mobileHOME“ von Tim Ranisch. Die Schöpfung des Studenten, der 2011 den zweiten Preis abgesahnt hat, ist bereits produziert und mittlerweile im Hamburger Stilwerk zu bewundern.

Pecha Kucha Night Die-ParteiDie Politikszene aufmöbeln wollen die Satiriker Günter Flott, Alexander Frupe und Björn Kotte mit den Aktionen und Plakaten von DIE PARTEI. Das Pecha Kucha Publikum kam am Mittwoch in den Genuss, Genaueres über den Spitzenkandidaten der gerade vergangenen Bürgerschaftswahl zu erfahren. Der zweiäugige Blecheimer habe nach seinen Auslandsaufenthalten und einer steilen Karriere jetzt DIE PARTEI zum Sieg geführt. Bis zur Weltherrschaft fehle nun nicht mehr viel, sind sich die Herren in grauen Anzügen und roten Krawatten sicher.

Pecha Kucha Night Johannes-HonsellFilmemacher Johannes Honsell schafft den Schwenk zu einer Geschichte, die gleichzeitig berührend ist und zum Nachdenken anregt. Mit seiner Kamera begleitet er die Patchworkfamilie um ein Kind aus einem Reagenzglas. Der Säugling Henry hat zwei Mütter und zwei Väter, genau wie seine ältere Schwester. In den Worten der Kleinen „Einen Papi, einen Daddy, eine Leihmami und eine Eimami“. Denn eine Frau aus Amerika lieferte die Eizelle, während eine andere das Baby ausgetragen hat. Fünf Menschen, die sich kaum kennen, sind somit jetzt für immer miteinander verbunden.

Pecha Kucha Night Fairphone Philippe BirkerUm ein nachhaltiges Bewusstsein geht es bei Philippe Birker von Fairphone aus Amsterdam. Er wirbt eindringlich dafür, Handys nicht nach einem Jahr wieder wegzuschmeißen. Denn die Elektronik in einem Smartphone setzt sich unter anderem aus 40 Mineralien zusammen, doch weil Nutzer nicht so genau wissen woher diese kommen, denken sie auch nicht darüber nach, was nach dem Wegwurf damit passiert. Philippe zeigt auf seinen Pecha Kucha Folien eine riesige Elektroschrott-Müllhalde in Afrika. Außerdem erzählt er von hart schuftenden Fabrikarbeitern aus China, die noch nie das Wort „Betriebsrat“ gehört haben.

Die Idee des Start-ups Fairphone: ein Gegenmodell entwerfen. Philippe und seine Kollegen sind dabei, ein nach nachhaltigen Aspekten produziertes Handy herzustellen. Ok, bisher wissen sie nur, dass dies bei der Herstellung von 4 von 40 Mineralien der Fall ist. Aber der Weg ist schließlich auch das Ziel! Momentan sind alle Fairphone-Telefone ausverkauft. Wenn das so weiter geht, denken vielleicht auch demnächst die größeren Firmen um.

PKN-Patricia Paryz„Hinter den Birken“ heißt der Kurzvortrag von Patricia Paryz, Fotografiestudentin und gebürtige Polin. Für ein Langzeitprojekt fährt sie immer wieder nach Ausschwitz und freundet sich dort mit einigen jungen Männern an. Sie will die Natur in dem ehemaligen KZ knipsen und das (wenige) Leben in der Stadt dokumentieren. Deshalb verbringt sie viel Zeit mit den neuen, überwiegend glatzköpfigen Bekannten.

Bis ihr Professor aus Deutschland sie eines Tages mit Blick auf eines ihrer Bilder sinngemäß fragt: „Kann es sein, dass dort noch eine gewisse rechte Gesinnung vorherrscht?“. Daran hat Patricia bisher aber überhaupt nicht gedacht und stalked ihre neuen Freunde auf Facebook  mit erschreckendem Ergebnis. Patricia wird trotzdem wieder zum Fotografieren nach Polen fahren und sich dabei fragen, ob dass die Heimat ist, die sie sehen wollte.

PKN-Alexander HosemannAuch in Hamburg gibt es einen denkwürdigen Ort, den viele als architektonischen Schandfleck betrachten: die Hochhäuser vom City-Hof, schräg gegenüber des Hauptbahnhofs. Konstruiert wurden die Tower von Architekt Rudolf Klophaus in den Jahren 1956 bis 1958. Wie bei vielen vermeintlich hässlichen, alten Gebäuden ist in der Politik bereits ein Abriss im Gespräch. Doch sollte dieses Vorhaben wahr werden, so fehlt Hamburg wieder ein wichtiges Stück Geschichte, meint Architekturstudent Marco Alexander Hosemann.

Er fordert deshalb dazu auf, sich bewusst zu machen, dass das Gebäude nicht immer so unansehnlich war und die Initiative City-Hof zu unterstützen. Eine umfassende Renovierung könne dem Hochauskomplex durchaus neues Leben einhauchen und etwa Raum für bezahlbares Wohnen schaffen. Denkt mal drüber nach!

PKN-Chris-CampeBeschwingt trällernd zieht man weiter, wenn man Chris Campes Schaufenster auf St. Pauli hinter sich lässt. Denn alle ein bis zwei Wochen prangt ein neues Zitat aus einem Musikhit in weißen Lettern an der Glasfront ihres Ladens. Die Quelle liefern Lieder aus den 50er bis 90er Jahren. Aber warum, fragen sich viele neugierige Passanten, die an dem Haus am Venusberg Nummer 22 vorbeischlendern. Ein Schaufenster, in dem nichts angepriesen wird, irritiere die Leute ungemein, sagt Chris. Regelmäßig bekommt sie neugierige Nachfragen und handgeschriebene Glückwünsche zu der Idee. Das ist dann wohl Kunst und kann deshalb auch nicht weg!!

Danke an die Pecha Kucha Veranstalter für den netten Themen-Mix, der für mich persönlich selbst ohne Rahmensketch funktioniert hätte. Außerdem nicht zu vergessen: Singer-Songwriter Lukas Droese, der die Pause mit stimmungsvoller Musik untermalt hat. Wann das internationale Veranstaltungsformat das nächste Mal in Hamburg läuft ist noch nicht raus, es lohnt sich aber, immer mal wieder in die Facebook-Gruppe zu schauen.

Pecha-Kucha-Flyer
Alle Fotos (außer das letzte) © Pecha Kucha Nights, Fotograf: Michael Osei-Ampadu. Mehr Bilder vom Abend gibts hier.

 

Hamburgliebe ist …

Kurzer Vorvermerk: Ich habe mich heute gegen eine Liebeserklärung an Hamburg und für eine Liste entschieden, die man sicher noch ewig weiterführen könnte. Und weil Valentinstag ist, sind ausnahmsweise auch Klischees erlaubt. Wer mag, kann ja meine Gedanken im Kommentarfeld ergänzen oder beweist seine Hamburgliebe einfach bei einem kreativen Valentinsdate. Wer keinen Schatz hat oder den Kommerz-Tag boykottiert, kann sich außerdem diesen anregenden Artikel von Mit Vergnügen Hamburg zu Gemüte führen ;-).

Also noch mal:

Hamburgliebe ist …

… wenn es einfach zu viel Programm für zu wenig Wochentage gibt.

… wenn das Schulterblatt so voll ist, als gäbe es kein Drinnen.

… wenn bei Sonne alle an der Alster sind.

Alster Hamburg Valentinstag… wenn man überhaupt immer schnell irgendwo ans Wasser kommt.

… wenn man trotz Schlaglöchern überall mit dem Fahrrad hinfährt.

… wenn man keinen Garten braucht, weil es den Stadtpark gibt.

… wenn man im Winter mit Glühwein in der Strandperle sitzt.

… wenn man ganz Deutschland an den Landungsbrücken trifft.

Hafen Hamburg ValentinstagElbphilharmonie Valentinstag Hamburg … wenn man zu jeder Tages- und Nachzeit „Moin“ sagen darf.

… wenn Lotto King Karl auftritt und jeder mitsingen kann.

… wenn man sich nicht zwischen frischem Fischbrötchen und Burger entscheiden muss.

Fischbrötchen Valentinstag Hamburg… wenn das Astra perlt, obwohl es nicht mal richtig kalt ist.

… wenn der HSV ständig verliert und trotzdem treue Fans hat.

… wenn braune Pullover mit Totenköpfen als (Fußball-)Style durchgehen.

… wenn Frauen am Ende der Herbertstraße auf ihre besseren Hälften warten.

… wenn Partygänger Puffbesitzer grüßen.

… wenn man sich auf dem Fischmarkt gleich 8 Avocados leisten kann.

Souvenirladen Hamburg Valentinstag… wenn man sich immer wieder freut, nach Hause zu kommen und deshalb einen Hamburg-Reise-Blog schreibt.

13. clubkinder Tagebuchlesung

Stellt euch mal vor, eure Eltern würden eure alten Tagebücher finden und darin einfach mal fröhlich herumstöbern. WIE PEINLICH, dachte ich sofort, nachdem ich am Samstag bei der von den clubkindern veranstalteten Tagebuchlesung war. Ich habe die wertvollen Restbestände, die noch in meinem Heimathaus lagerten, inzwischen in Sicherheit gebracht und bin gespannt nachzulesen, in welchem Schreibstil ich selbst als Heranwachsende meine intimsten Geheimnisse verfasst habe.

Die clubkinder, das sind übrigens keine geschäftstüchtigen Teenies, die die ganze Zeit nur Party machen, sondern ein gemeinnütziger Verein, der für den guten Zweck richtig coole Events in Hamburg organisiert. Falls ihr noch nie von der Truppe gehört habt, solltet ihr mal im Internet auf der Website schauen. Eine der erfolgreichsten Veranstaltungs-Reihen ist die, bei der junge Erwachsene private Notizen aus ihrer Kindheit vorlesen, also wie bei einem Diary Slam bloß ohne Konkurrenz-Gedanken. An diesem Wochenende ging das Format bereits in die 13. Runde. Als Location hielt wieder das ehrwürdige Gruenspan her, das alte Theaterhaus mit den wunderschönen Säulen.

clubkinder Tagebuchlesung GrünspanDie Schlange vor der Tür des Gebäudes war ungelogen ungefähr genauso lang, wie die, wenn international bekannte DJs im Gruenspan auftreten. Also richtig einmal um die Straßenecke rum. Deshalb waren wir froh, noch zwei der vielleicht einzigen verbleibenden Plätze mit guter Sicht zu ergattern. Licht aus und los ging der Lachmarathon. Wie erkläre ich euch das am besten? In der Jugend anderer Leute Mäuschen zu spielen, ist irgendwas zwischen Fremdschämen, sich selbst wiedererkennen und die Trends vergangener Epochen feiern! Im Anschluss böte sich die 80er/90er-Party im Molotow an, sagt Moderator Jannes Vahl (Titelbild © clubkinder), als gerade kurz die Technik spinnt. Und er hat vollkommen recht, sowas wäre das perfekte Pendant.

Ich hatte ganz vergessen, dass sich die Welt 14-jähriger Mädchen wirklich AUSSCHLIESSLICH um Jungs dreht. Am einen Tag war man offensichtlich „in den“, am nächsten Tag schon wieder in jemand ganz anderen verliebt. Ob er nun Daniel oder Jonas hieß, Plateau-Schuhe oder sonst etwas trug, spielte dabei keine Rolle. Es ist erstaunlich, wie sich die weiblichen Teenies ihrem Tagebuch anvertrauten, gerade so wie einer besten Freundin, wenn sie schreiben „Hey du, ich habe lange nicht von mir hören lassen, ich weiß“, „Ich erzähl dir hinterher, wie das Date war, Ehrensache!“ oder einfach nur „HDGDL“.

clubkinder Tagebuchlesung Ronja VahlAm meisten Spaß haben mir persönlich die Geschichten von Ronja Vahl, Jannes Schwester, gemacht, die die clubkinder Tagebuchlesung ins Leben gerufen hat. Schon in jungen Jahren will sie eloquent schreiben und ist stets um journalistische Detailfreude bemüht. So entnimmt man ihren Tagebuchauszügen nicht nur, wie teuer in den 90ern eine Tüte Popcorn war, sondern auch, dass ein Freund zu ihrem Geburtstag „angekarrt“ wurde. Außerdem hatte sie einst die Idee in einer Gruppe Tat, Wahrheit oder Pflicht zu spielen aber ohne Tat und Pflicht, sodass in aller Ruhe über „Pubertäres, Perverses und Fieses“ gesprochen werden konnte. Ihre große Liebe hieß damals – zumindest für eine Zeit – Marcelo.

clubkinder Tagebuchlesung im Grünspan

© clubkinder

Auch Carolin, die heute zu den Leitwölfinnen der Digital Media Women gehört, glühte einst vor Liebe und musste deshalb erstmal duschen (Zitat). Mit dem Schwarm ihrer Jugend lieferte sie sich heftige SMS-Gefechte vom Handy ihres Vaters aus. Bis ihr Flirt schließlich eine denkwürdige Nachricht schrieb, als das Gerät gerade in den Händen der Eltern war: „Ficken?“. Angeblich nur ein Scherz von einem Freund bzw. Feind des Absenders. Jaja, Kinder können grausam sein!

Tagebuchlesung clubkinder LisaFalls ihr in den turbulenten Pubertätsjahren etwas zustoßen sollte, hielt Lisa eines Tages vorsorglich ihr Testament in ihrem Diddl-Tagebuch fest: „Mein Geld soll wenn ich sterbe an meine Kinder, Eva, Benno, Andrea, Mama + Papa aufgeteilt werden […]“. In einem Hass-Liebes-Brief schrieb sie sich außerdem ihr Trauma von der Leber, nachdem ihr Schwarm sie einfach fallenließ. Sie folgte damit der Anleitung aus einem Service-Artikel der Bravo Girl zum Thema Liebeskummer. Die beiden Heftseiten hatte sie sorgfältig als Merkblatt zusammengeklebt und schickte sich den Beitrag mit ihrer Freundin immer hin und her. Je nachdem, wer ihn gerade dringender brauchte. Am Ende beschloss ihr Angebeteter auch noch genau diese besagte Freundin anzubaggern. Skandal!

Ihr seht, der Abend im Gruenspan war, rein dramaturgisch gesehen, ein mitreißender. Dazu die sorgfältig ausgemalten Herzchen und sonstige Zeichnungen aus den Tagebüchern, die ab und an über den Beamer an die große Leinwand geworfen wurden – herrlich! Und die 7 Euro Eintritt gingen dank den clubkindern an die Bücherzwerge des Kinderschutzbundes Hamburg, die Kindern von Einwanderern das Lesen und Schreiben beibringen.

Nachtrag: Ich konnte es mir nicht nehmen lassen, eben schon mal in meinen eigenen Tagebüchern zu blättern. Auf fast allen sind übrigens Rosen drauf, anstatt Diddl-Mäuse. (Wahrscheinlich in Anlehnung an meinen zweiten Namen.) Und drinnen: Collagen und Headlines, die mich amüsiert den Kopf schütteln lassen. Kann ich nur jedem empfehlen: Herzerfrischend! Hut ab für die Referenten der 13. clubkinder Tagebuchlesung.

Tagebuch_Rosen